Natur im Focus: Vom Wandel der Schaffhauser Flora

Vortrag von Ebbo Neumann, 18. Oktober 2024

An diesem Freitagabend kamen siebzehn Personen zusammen, um sich von Ebbo Neumann in die Schaffhauser Flora und ihren Wandel einführen zu lassen. Ihre Erwartungen wurden nicht enttäuscht: Mit seinen aufwändig vorbereiteten und kompetent präsentierten Ausführungen konnte Ebbo seine Zuhörerschaft bis zur letzten Minute fesseln – kein Wunder, ist er doch von Haus aus Biologe und versierter Kenner unserer Pflanzenwelt.

Ebbo gliederte seinen Vortrag in 5 Teile: Der 1. Teil war der Schaffhauser Flora gewidmet, der 2. Teil Schaffhauser Botanikern. Ausführlich kam im 3. Teil der Wandel unserer Flora, beginnend mit dem Ende der letzten Eiszeit, zur Sprache. Den Schluss bildeten Ausführungen zu Beringer Spezialitäten (4.) und Neubürgern (5.).

Der Kanton Schaffhausen ist eine artenreiche Gegend. Etwa zwei Drittel der in der Schweiz vorkommenden Pflanzenarten kommen bei uns vor, neben häufigen wie der Brennnessel auch Raritäten wie der Türkenbund oder der Speierling. Von diesem licht- und wärmeliebenden Wildobstbaum wachsen etwa 200 in unserem Kanton. Die Naturforschende Gesellschaft Schaffhausen SHnat beschäftigt sich immer wieder auch mit den Pflanzen unseres Kantons. In ihrem Neujahrsblatt 2019 «Seltene Pflanzen im Kanton Schaffhausen. Herkunft – Lebensräume – Gefährdung – Schutz» veröffentlichte die SHnat Ergebnisse ihrer Forschung, unter anderem zum Rückgang seltener Pflanzenarten in unserem Kanton. Auch CORVUS-Mitglied Peter Braig gehörte damals zu den Autoren.

Bereits früher gab es in Schaffhausen Botaniker. Neben Ernst Kelhofer, Georg Kummer und Hans Wal-ter verwies Ebbo auf Johann Conrad Laffon. Er war Apotheker am Fronwagplatz und sammelte zwi-schen 1802 und 1847 alle damals auf Schaffhauser Boden wachsenden Pflanzenarten. Mit ihnen legte er ein Herbarium an, das bis heute erhalten ist und das uns erlaubt, die heutige Pflanzenwelt mit der damaligen zu vergleichen und auch ihren Rückgang zu dokumentieren.

In Teil 3 seiner Ausführungen ging Ebbo auf den Wandel unserer Flora ein. Am Ende der letzten Eiszeit war Mitteleuropa von einer Tundra-Landschaft bedeckt, einer baumlosen Kältesteppe, wie sie heute in Nordskandinavien oder Sibirien vorkommt. Relikte der Glazialzeit haben im Kanton Schaffhausen bis heute überlebt, beispielsweise der Gelbe Enzian oder die Mehlprimel. Lange vor dem Auftauchen der ersten Menschen wurde das Klima milder und wärmeliebendere Pflanzen konnten bei uns einwan-dern: aus dem Osten beispielsweise, der Donau entlang, das Hügel-Windröschen oder der Grosse Ehrenpreis, aus dem Mittelmeergebiet entlang des Rhonetals und des Jurabogens die Flaumeiche oder die Stechpalme. Auch der später einwandernde Mensch brachte tausende Pflanzenarten in unser Gebiet. Der Höhepunkt der Artenvielfalt war um 1850.

Dann wurde die Dreifelderwirtschaft aufgegeben, Moore wurden trockengelegt, mehr und mehr düngten die Bauern ihre Felder. Diese Veränderung der Lebensräume führte zu einem dramatischen Rückgang der Pflanzenarten: Zwischen 1847 und 2000 sind 154 der 987 Arten, die Laffon gefunden hat, verschwunden. In 150 Jahren sind das 16% der Schaffhauser Pflanzenarten oder anders ausgedrückt: Jedes Jahr verschwindet in unserem Kanton eine Pflanzenart (Mitteilungen der SHnat, Band 50, 2023). So sind beispielsweise die Goldaster aus unseren Wäldern oder der Rundblättrige Sonnen-tau aus den Mooren verschwunden. Schweizweit stehen heute 28% aller Pflanzen auf der Roten Liste, 16% gelten als potenziell gefährdet und nur 56% als nicht gefährdet.

Im 4. Teil seiner Ausführungen brachte Ebbo uns Beringer Spezialitäten näher, so den seltenen Acker-Gelbstern in den Rebbergen, den aus dem Osten eingewanderten Diptam im Gebiet der Tüüfels-Chuchi oder das Purpur-Knabenkraut und die Bocks-Riemenzunge, zwei Orchideenarten, die im Lieblosetaal wachsen. In unserer Gemeinde existieren gegen 40 kleine Naturschutzgebiete, von denen einige seit kurzem mit Informationstafeln versehen sind. Auf der Homepage unserer Gemeinde, unter www.beringen.ch, findet man sie ebenfalls.

Seit der Entdeckung Amerikas sind etwa 500 neue Pflanzenarten in die Schweiz eingeführt worden, allen voran Kartoffel und Tomate. Auch in Beringen finden sich zahlreiche «Neubürger». In letzter Zeit machen vermehrt invasive Arten wie das Einjährige Berufkraut von sich reden. Auch andere Arten wie das Drüsige Springkraut oder der Japanische Staudenknöterich vermehren sich rasant auf Kosten der einheimischen Flora. Es gibt aber auch nichtinvasive Neubürger bei uns: Bei der Badi Beringen und nur dort wächst seit Jahren das Schildblatt aus Oregon.

 Naturschutztafeln Beringen